Der Kundenmix: Wie ihr herausfindet, ob eure Kunden profitabel genug sind

WIE WOLLT IHR LEBEN?

Inzwischen wisst ihr, wie ihr Stundensatz und Aufwand ermittelt [Hier die Tools KAJI und VTV Design] und mit Forderungen nach Rabatten umgeht. Ihr könnt mit Hilfe einer Nutzen-Argumentation die Akzeptanz für euer Angebot erhöhen und Einwände gegen Preise behandeln. Heute kommen wir zu der Frage: Habt ihr eigentlich die Kunden, die ihr braucht?

Die Kundenbindung: gebunden oder verbunden?

Jeder Anbieter von Waren oder Dienstleistungen möchte seine Kunden an sich binden. Kurzfristig gelingt das zum Beispiel durch Mengenrabatte, längerfristig durch Verträge, Abonnements oder Mitgliedschaften.

Aber ist es nicht noch besser, wenn die Kunden sich nicht gebunden, sondern verbunden fühlen? Das kann kurzfristig gelingen, indem man sie mit Geschenken überrascht. Und langfristig durch Partnerbildung und Leistungsindividualisierung. Individuelle Leistungen anbieten, ­das ist es, was Designer tun.

Wenn Kunde und Designer langfristig verbunden sind, wird die menschliche Ebene wichtig. Die Erfahrung lehrt: Nur wenn auch die Beziehung passt, wird eine langfristige Zusammenarbeit funktionieren.

Was ist euch wichtig?

„Kunden bewerten“. Das klingt ein bisschen herzlos, ist aber nötig, um herauszufinden, ob ihr mit eurem Kundenstamm profitabel arbeiten könnt. Wir führen hier vier Aspekte auf, die für die Profitabilität besonders wichtig sind.

  1. kaufmännische Aspekte
    Wieviel möchtet ihr verdienen? Und wieviel möchtet ihr dafür arbeiten? Umso größer die erste Zahl ist und umso kleiner die zweite, desto wichtiger werden kaufmännische Aspekte. Es ist entscheidend, Kunden zu haben, die gut bezahlen und erheblich beitragen zu Umsatz und Gewinn.
  2. Beziehungsaspekte
    Beziehungsaspekte meint nicht nur gegenseitige Sympathie. Sondern ihr solltet euch Fragen beantworten wie: Fühlt sich der Kunde an mich gebunden und kommt immer wieder? Ist mein Ansprechpartner immer der gleiche oder wechselt er?
  3. zeitliche Aspekte
    Ein Kunde, der mit vielen unzusammenhängenden Einzelprojekten kommt – dazu noch spontan, aber eilig – bindet gemessen am Ergebnis viel Zeit. Mit der Planbarkeit der Projekte nimmt die Nutzbarkeit der Zeit zu und erreicht ihren Gipfel mit einem Rahmenvertrag.
  4. inhaltliche Aspekte
    Es gibt Dinge, die ihr besonders gut könnt, in denen ihr besonders viel Erfahrung habt. Inhalte, die euch vertraut sind und wenig Einarbeitungszeit erfordern. Und Projekte, die weit weg sind von eurer Positionierung, dafür aber viel Entwicklungspotenzial bieten und vielleicht genau das sind, was ihr schon immer einmal machen wolltet. Auch das ist ein Bewertungskriterium.

Neben diesen vier Aspekten sind viele andere denkbar: Fragen der Ethik oder der Nachhaltigkeit oder die Branche – das kann jeder nur für sich entscheiden.

Das Wichtige gewichten

Nachdem ihr die vier entscheidenden Aspekte zur Kundenbewertung festgelegt habt, kommt ihr dazu, sie zu gewichten. Ordnet dazu am besten den einzelnen Aspekten Prozentzahlen zu. Zum Beispiel:

kaufmännische Aspekte: 40%
Beziehungsaspekte: 20%
zeitliche Aspekte: 10%
inhaltliche Aspekte: 30%

Auch über die Gewichtung entscheidet ihr nach persönlichen Prioritäten, es gibt nur zwei Regeln zu beachten: Die Summe sollte 100% sein, und ihr dürft das Kaufmännische nicht zu niedrig bewerten, weil ihr von eurer Arbeit ja gut leben wollt.

Die Bestandsaufnahme

Für jeden der vier Aspekte macht ihr eine Skala von 1 bis 10. 1 ist die schlechteste Bewertung, 10 die beste.

Bei den kaufmännischen Aspekten könnte die Skala von 0 Euro bis 50.000 Euro Umsatz im Jahr reichen. Das hängt von euren persönlichen Zielen ab. Dann überprüft ihr jeden eurer Kunden darauf, wieviel Umsatz pro Jahr ihr mit ihm macht.

Das wiederholt ihr mit den anderen Aspekten. Zum Beispiel so:

Beziehungsaspekte:
Einmalkunde <> langfristige Bindung
auf der Skala von 1 bis 10

zeitliche Aspekte:
Einzelprojekte <> Rahmenvertrag
auf der Skala von 1 bis 10

inhaltliche Aspekte
passt nicht zu meiner Positionierung* <> passt perfekt
auf der Skala von 1 bis 10

Habt ihr alle Aspekte bei allen Kunden bewertet, trag ihr die Ergebnisse in eine Tabelle ein und errechnet das Ergebnis (Achtung: Punkt- vor Strichrechnung ;-)).

Das Ganze sieht dann so aus:

kaufm.beziehungzeitlichinhaltlichErgebnis
40%20%10%30%
158376,8
224322,5
32101085,4
497788,1
541553,8
6751106,9

Die Unterschiede in den erreichten Punktzahlen werden auf den ersten Blick klar.

Unsere Skala von 0 bis 10 unterteilt ihr jetzt in vier Viertel, wobei die besten Bewertungen A bekommen, die schlechtesten D. Diesen Bewertungen ordnet ihr die Kunden zu.

A-Kunde(n)       4
B-Kunde(n)       1 und 6
B-Kunde(n)       3 und 5
D-Kunde(n)       2

Es ist nicht mehr zu leugnen: Kunde No. 2 ist schlecht fürs Geschäft.

Die Konsequenzen

Was tun? Müsst ihr Kunden No. 2 jetzt loswerden?

Vielleicht wolltet ihr das ja sowieso, dann wäre die frisch gewonnene Erkenntnis ein guter Anlass. Vielleicht könnt ihr den Aufwand für den Kunden minimieren. Oder ihr findet einen Designer, der besser zu eurem Kunden passt und redet mit beiden darüber.

Oder: Ihr seid mit A- und B- Kunden so reich gesegnet, dass ihr euch den Kunden D leisten könnt – der zwar überhaupt kein Geld hat, für den ihr aber das schönste Projekt auf Erden umsetzen könnt.

Dass ihr euch um A-Kunden besonders bemüht, ist eine logische Konsequenz. Sie werden öfter kontaktiert, erhalten bei LinkedIn keine Standardnachrichten, sondern persönliche Mitteilungen, und zu den Inhalten der Kommunikation können gern auch gemeinsame Zukunftspläne gehören.

Spoiler: Demnächst erfahrt ihr im „Designerwissen“, was ihr aktiv für den richtigen Kundenmix tun könnt.

Mehr zum Thema

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Christina Sahr, 08.07.2021